Alpha Bravo Charlie

Roman

Jung und Jung

2023
128 Seiten, und als E-Book
ISBN: 978-3-99027-275-6


Früher einmal war Johann Trost Pilot, heute ist er pensioniert. Früher war er außerdem Ehemann, heute ist er geschieden. Dennoch ist er immer noch treu, nicht nur seiner Exfrau, sondern auch sich selbst: Er ist zuverlässig, er schwört auf Regeln und Disziplin, er hat Prinzipien und weiß, was er mag und was er sich lieber vom Leib hält. Seine Mitmenschen zum Beispiel. Als er noch Uniform trug und im Dienst war, waren sie entweder seine Passagiere oder weit unter ihm, jetzt, als frisches Mitglied einer fidelen Freizeitgesellschaft, fühlt er sich plötzlich in Bedrängnis: Selbst Nichtigkeiten wie das Schuhwerk der Nachbarn wecken seinen Ordnungssinn. Um wieder den richtigen Abstand zu den Menschen und den Dingen zu gewinnen, beginnt er eines schönen Tages um 9.17 Uhr, die Welt auf eine erträgliche Größe zu schrumpfen, und wird zum Schöpfer einer Modellbaulandschaft.
Tine Melzer erzählt in ihrem Debütroman mit hinreißender Komik von einem Menschen, der uns in seiner zuverlässigen Durchschnittlichkeit sofort ans Herz wächst. Auch weil er an etwas leidet, das uns alle betrifft: Wo ist unser Platz im Leben außerhalb des Cockpits? Wem sind wir dann zugehörig? Und was kann uns vor dem Absturz retten?

"Ein Tag im Leben eines kauzigen pensionierten Kurzstreckenpiloten, der die Wirklichkeit lieber mit dem Modellbaukasten nachahmt, als sich ihren Zumutungen auszusetzen. Mit Scharfsinn, Witz und Poesie schildert Tine Melzer einen Sonderling und entlarvt durch dessen Ticks und Tiraden viele zeittypische Missstände. Ein augenöffnendes Leseabenteuer."  Ilma Rakusa

"Irgendwie gefällt mir dieser Johann Trost. Er findet, die Menschen sollten so miteinander umgehen, wie man eine Gitarre hält. Dieser Gedanke leuchtet mir ein. Trost meint vermutlich eine akustische Gitarre, nicht eine elektrische, die man würgt und schüttelt. Aber ich frage ihn nicht weiter, denn das Zuhören liebt er so wenig wie das Reden." Manfred Papst, NZZ

"Melzer (...) hat eine Geschichte vorgelegt, die Humor und Poesie durchziehen. Und während ihr Roman auf den ersten Blick harmlos anmutet, verleitet er zusehends zum Nachdenken – über die Gesellschaft und unseren jeweiligen Platz in dieser, ausgehend von der Frage, was eigentlich einen nützlichen Tag auszeichnet (...)." Selina Seiler, Schweizer Monat

«Ihr Roman liest sich denn auch trotz konzentrierter, bildstarker Sprache als schrullig-amüsantes psychologisches Kammerstück, scharf beobachtet und einfühlsam: So lockert die Traurigkeit ihren Griff um Johann Trost nur beim Anblick frischer Prussiens. Zum blossen Vergnügen Sport zu machen, ist ihm unbegreiflich, was man auch als sympathisch-hintersinnige Kritik an einer leeren Spassgesellschaft sehen kann. Tine Melzer verführt uns ständig in diese Doppeldeutigkeiten: Wenn der Frühling kommt, fühlt sich Trost nicht mitgemeint…. Dass hier eine Autorin sehr viel über Bild und Abbild von Welt nachgedacht hat, ist offensichtlich. … Dass darin aber nicht nur die ängstliche Distanz der Lebensverweigerung steckt, sondern auch eine ernsthafte ästhetische Frage, wird einem in diesem hoch reflektierten Roman auch klar: Wie nahe muss man Menschen kommen, um sie zu sehen, um sie zu erkennen? Ist der Beobachter vielleicht sogar der bessere Menschenkenner? … Ihr ist ein kleines Glanzstück gelungen.» Hansruedi Kugler, CH Media, Luzerner Zeitung, St.Galler Tagblatt,Basler Zeitung

«Johann Trost ist Linienpilot gewesen und war sein ganzes Arbeitsleben lang gewohnt, Kontrolle zu haben über alles, Kontrolle zu haben übers Flugzeug, aber auch quasi eine Vogelperspektive auf die Welt. Und so wie er denkt und wie er das erfährt im Verlauf des Buches, will er diese Kontrolle auf keinen Fall aus der Hand geben. Und er will weiterhin die Welt von oben sehen. … Dieser Monolog wirkt sehr unmittelbar, sehr authentisch. Die Sätze: jeder einzelne ist sehr präzis, ausgefeilt, durchdacht. Es ist sehr, sehr dicht geschrieben. Einzelne Sätze muss man richtig auf sich wirken lassen. ... Es gibt auch sehr interessante Vergleiche:  einmal vergleicht Johann Trost eine Beziehung zwischen zwei Menschen mit dem Zusammenlegen eines Leintuches. Solche Alltagssituationen, die uns allen wahrscheinlich vertraut vorkommen, aber ungewöhnliche Vergleiche im Zusammenhang mit einer Beziehung. Es gibt Sätze, die einen Nachdenken lassen, zum Beispiel: ‘Ich beneide alle Leute, für die es nie zu spät ist, um rechtzeitig aufzuhören.’ Also Sachen, die man vielleicht nicht auf Anhieb versteht und die man dennoch auf sich selbst beziehen kann. ... Der Reiz des Buches ist die Haltung der Figur, die einzigartig ist. ... Er zählt zum Beispiel auf, wo er nicht hingehört: er gehöre nicht in Gartevereine, nicht in Musikklubs, nicht in Kirchenchöre, Wellness-Oasen, Einkaufspassagen schon gar nicht.  'Einzig in der Tram halte ich es aus, da will ja niemand umsonst sein.' Das sind so Perlen, die einem dann doch die Person näherbringen. … Ich stelle mir es trotzdem extrem anstrengend vor, Johann Trost zu sein.» Radio SRF1, Buchzeichen, 7.3.2013, mit Britta Spichiger und Annette König, host: Michael Luisier (in swiss german)

"«Das eigentliche Sprachtier ist der Mensch, der manchmal auch nur etwas nachplappert oder die Mehrdeutigkeit der Sprache nicht wahrnimmt.»Solche Überlegungen fliessen auch in ihren Roman ein: «Meine Figur nimmt die Sprache zuweilen zu wörtlich», sagt sie und gibt ein Beispiel: «Im Satz ‹Auf dem flachen Land kann man nichts verbergen› verbirgt sich der ‹Berg›. So verschiebt sich ganz kurz die erste Bedeutung.» Solche Feinheiten, die beim Lesen als kleine Kippmomente im Sprachgefüge auffallen, durchziehen ihren Roman und zeigen die Künstlerin als «Wortfetischistin», wie sie sich auch selbst bezeichnet." Babina Cathomen, Kulturtipp, www.kultur-tipp.ch